29.10.2024

16.10.2024

Gedenken

16. Oktober nach dem Kirchenkalender

Gedenken: hl. Märtyrer Longinus; hl. Longin der Türhüter vom Kiever Höhlenkloster (13.-14. Jh.); sowie hl. Einsiedler Malos; hl. Eupraxia, Äbtssin (vorher Fürstin Evfrosinia v. Pleskau/Pskov, † 1243); hl. Longin von Jaranga († 1544); hl. Domna, Närrin in Christo von Tomsk († 1872); hl. Gall (Gallus), Erleuchter der Schweiz († 646); hl. Iakov Netsetov v. Alaska († 1865).

1. Der hl. Märtyrer Longinus. Der göttliche Matthäus der Evangelist berichtete, als er das Leiden des Herrn Jesus Christus beschrieb: Als der Hauptmann und die Männer, die mit ihm zusammen Jesus bewachten, das Erdbeben bemerkten und sahen, was geschah, erschraken sie sehr und sagten: Wahrhaftig, das war Gottes Sohn! (Mt 27,54). Dieser Centurion [Hundertschaftführer] war der gesegnete Longinus, der mit zwei anderen seiner Soldaten zum Glauben an Christus, den Sohn Gottes, kam. Longinus war der Hauptmann der Soldaten, die bei der Kreuzigung des Herrn auf Golgotha anwesend waren, und er war auch der Befehlshaber der Wache, die das Grab bewachte. Als die hebräischen Ältesten von der Auferstehung Christi erfuhren, bestachen sie die Soldaten, um die falsche Nachricht zu verbreiten, daß Christus nicht auferstanden sei, sondern daß seine Jünger seinen Leib gestohlen hätten. Die Hebräer versuchten auch Longinus zu bestechen, doch er lehnte dies ab. Dann nahmen die Hebräer zu ihrer üblichen Strategie Zuflucht und entschieden, Longinus zu töten. Als Longinus davon erfuhr, nahm er seinen Soldatengürtel ab, wurde mit seinen beiden Kameraden von einem Apostel getauft, verließ heimlich Jerusalem und ging mit seinen Kameraden nach Kappadokien. Dort widmete er sich Fasten und Gebet und bekehrte als lebendiger Zeuge der Auferstehung Christi durch sein Zeugnis viele Heiden zum wahren Glauben. Danach zog er sich in ein Dorf auf den Besitz seines Vaters zurück. Doch sogar dort ließ ihn die Bosheit der Hebräer nicht in Frieden. Aufgrund der Verleumdungen der Hebräer schickte Pilatus Soldaten, um Longinus zu enthaupten. Der hl. Longinus sah im Geist die Ankunft seiner Henker voraus und ging hinaus, um ihnen zu begegnen. Er führte sie in sein Haus, ohne ihnen zu sagen, wer er sei. Er bewirtete die Soldaten gastlich, und bald legten sie sich schlafen. Doch der hl. Longinus stand auf, um zu beten, und er betete die ganze Nacht hindurch. Er bereitete sich auf den Tod vor. Am Morgen rief er seine zwei Soldaten zu sich, kleidete sich in weiße Grablinnen und wies die anderen Mitglieder seines Hauswesens an, ihn auf einem bestimmten kleinen Hügel zu begraben. Dann ging er zu den Soldaten und sagte ihnen, er sei Longinus, den sie suchten. Die Soldaten waren erschrocken und beschämt, und sie konnten sich nicht einmal mehr vorstellen, Longinus zu enthaupten; doch er bestand darauf, sie sollten den Befehl ihres Vorgesetzten ausführen. So wurden Longinus und seine beiden Kameraden enthauptet. Die Soldaten brachten Longinus’ Kopf zu Pilatus, und dieser übergab ihn den Hebräern. Sie warfen ihn auf einen Abfallhaufen außerhalb der Stadt.

2. Der hl. Longin, der Arbeitsliebende. Longin war ein Mönch des Kiever Höhlenklosters im vier-zehnten Jahrhundert. Er war der Pförtner des Klosters und hatte ein solch reines und von Gnade erfülltes Herz, daß er immer die Gedanken derer kannte, die das Kloster betraten und es verließen. Die wundertätigen Reliquien des Longin ruhen in der Höhle des hl. Feodosij.

Lobeshymne

Der heilige Märtyrer Longinus

Der heilige Longinus stand unter dem Kreuz,
Als Christus am Kreuz Seinen letzten Atemzug nahm.
Longinus sah den Zorn des milden Himmels,
Erlebte, wie die Erde erbebte
Und die helle Sonne ihre Strahlen verlor
Und die ganze Welt in Finsternis hüllte.
Die Gräber vieler öffneten sich,
Und viele der Toten erschienen lebendig.
Der tapfere Longinus wurde von Furcht erfüllt
Und rief mit reumütigem Seufzen aus:
„Dieser Mann war Gottes Sohn!
Sündige Menschen haben den Unschuldigen gekreuzigt!“
Zwei andere Soldaten neben ihm
Wiederholten die Worte ihres Hauptmanns.
Longinus war ein Zeuge der Auferstehung,
Und er konnte auch Seine Erniedrigung bezeugen.
Als Augenzeuge, als wahrer Zeuge,
Wollte Longinus die Wahrheit nicht verbergen,
Sondern verkündete sie überall, wohin er ging
Und verherrlichte den Auferstandenen Gott, Christus!
Bis zu seinem Tod blieb er Christi Soldat;
Und für Christus gab Longinus sein Haupt.

Betrachtung

Das erste Erscheinen des heiligen Märtyrers Longinus: Lange Zeit war seit dem Märtyrertod des hl. Longinus vergangen, als eine Witwe in Kappadokien erblindete. Die Ärzte konnten nichts mehr für sie tun. Plötzlich kam ihr der Gedanke, nach Jerusalem zu gehen und die heiligen Stätten zu verehren, in der Hoffnung, dort Hilfe zu finden. Sie hatte nur einen Sohn, einen Knaben, der ihr als Führer diente. Kaum waren sie in Jerusalem angekommen, wurde der Knabe krank und starb. Der Kummer der blinden Mutter war ohne Maß: Zuerst hatte sie ihre Augen verloren, dann noch ihren einzigen Sohn, dessen Augen sie bis zu diesem Augenblick geleitet hatten. In ihrem Schmerz und Kummer erschien ihr der hl. Longinus und tröstete sie mit dem Versprechen, daß sie sowohl ihre Sehkraft wiedererhalten, als auch ihren Sohn in der himmlischen Herrlichkeit erblicken werde. Longinus berichtete ihr alles über sich und sagte ihr dann, sie möge zur Abfallhalde außerhalb der Stadtmauern gehen, dann würde sie sehen, was als nächstes geschähe. Die Frau erhob sich und tastete sich ihren Weg aus der Stadt heraus; dann bat sie jemanden, sie zum größten Abfallhaufen zu bringen und dort zu lassen. Als sie zum Abfallhaufen geführt worden war, beugte sie sich zu Boden und begann, mit ihren Händen zu graben. Sie besaß starken Glauben daran, das zu finden, wonach zu suchen ihr der Heilige aufgetragen hatte. Als sie so grub, stießen ihre Finger an den Kopf des heiligen Märtyrers, und in diesem Augenblick wurden ihre Augen geöffnet. Sie sah den Schädel eines Mannes unter ihren Händen. Erfüllt von großer Freude, dankte sie Gott, nahm den Kopf des hl. Longinus mit, wusch ihn, beräucherte ihn und bewahrte ihn zu Hause als das kostbarste Gut in der ganzen Welt auf.

Zum Nachdenken

Laßt uns nachdenken über den Bekennermut des hl. Stephanus, des Erzdiakons (Apg 7):
1. Wie der hl. Stephanus die Wunder und Gnadenerweise Gottes gegenüber den Hebräern im Verlauf der Jahrhunderte aufzählt;
2. Wie er die Auflehnung gegen Gott und die Untat der hebräischen Ältesten anklagt;
3. Wie er sie Verräter nennt, schuldig am Blut Christi.

Homilie

Über die Höhen und Tiefen Gottes

Deine Gerechtigkeit ist wie die Gottesberge,
Deine Urteile sind ein Abgrund gar tief.
(Ps 35,7)

Die Berge der Gerechtigkeit Gottes schneiden durch alle Entfernungen von Raum und Zeit, sie erheben sich von der Erde zum Himmel, und aus den Wolken der Zeit erheben sie sich in die Klarheit der Ewigkeit. Sind nicht die Heiligen die Träger der Gerechtigkeit Gottes? Seht, wie sie Zeit und Raum durchschneiden! Geboren in der Zeit, sind sie jetzt in der Freude der Ewigkeit. In der Ewigkeit lebend, kommen sie nun hinunter zu uns in die Zeit und helfen uns, wie starke Brüder ihren schwächeren Brüdern helfen. Sie lebten auf Erden an bestimmten Orten, und nun verherrlicht sie das ganze Weltall. Auf allen fünf Kontinenten der Welt sind Kirchen errichtet worden zu Ehren der Apostel, der Märtyrer und anderer gerechter Diener Gottes. Von dieser Art sind die Berge der Gerechtigkeit Gottes: Man kann sie nicht begrenzen, man kann sie nicht einschließen oder sie mit irgendeinem Maß dieser Welt messen. Welche Berge könnten an den Bergen Gottes gemessen wer-den? Welche Menschen könnten an den Menschen Gottes gemessen werden? Welche Ehre könnte mit der Ehre derer verglichen werden, die Gott verherrlicht? O meine Brüder, laßt uns jubeln über Gottes Gerechtigkeit und uns freuen über die hohen Berge dieser Gerechtigkeit.
Deine Urteile sind ein Abgrund gar tief. Das heißt: Die Urteile Deiner Vorsehung sind so uner-forschlich wie ein tiefer Abgrund. Du setztest Hiob auf einen Misthaufen, um ihn zu verherrlichen. Du erhobest Saul zur Königswürde, um ihn dann in den Untergang zu stürzen. Du hast Erbarmen mit dem Sünder und gibst ihm Reichtum und Gesundheit, auf daß er bereue; Du züchtigst den Gerechten, auf daß sich sein Glaube und seine Hoffnung festigen.
Deine heilige Kirche ist der größte Berg Deiner Gerechtigkeit, der Höchste der vielen Berge. Deine heilige Kirche, o Herr, erforscht Deine Urteile und Deine Wege, und ihre Weisheit ist groß und süß, wie Honigwaben voller Honig.
O Herr, vertreibe die Wolken des Bösen von unseren Herzen, damit wir Deine Urteile erkennen und Deine Pfade sehen. Dir sei Ehre und Lobpreis in Ewigkeit. Amen.

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29.10.2020
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Quelle: Hl. Nikolaj Velimirovic, Der Prolog von Ochrid, ins Deutsche übertragen von Johannes A. Wolf, Apelern 2009; 2., verbesserte Auflage 2017, herausgegeben von der Serbischen Orthodoxen Diözese von Frankfurt und ganz Deutschland, erschienen im Verlag Orthodoxe Quellen und Zeugnisse, D-31552 Apelern (www.orthlit.de).