6. November nach dem Kirchenkalender
Gedenken: hl. Pavlos der Bekenner, Patriarch von Konstantinopel († 351); hl. Varlaam von Chutyn’ (Novgorod), Wundertäter († 1192); Gedenken des Ascheregens von Konstantinopel (472 oder 475); sowie hll. Märtt. Tekusa, Alexandra, Claudia, Matrona, Polactia, Euphrosyna und Athanasia v. Ankyra († 303); hl. Winnokus, Abt, Niederlande († 716); hl. Lukas v. Sizilien († 820); hl. Luka, Ökonom v. Kiever Höhlenkloster (13. Jh.); hl. German, Erzbischof von Kazan’ († 1567); hl. Varlaam vom Keret-See (16. Jh.); hl. Nikander, Mönch; hl. Pavlos v. Korinth, Narr in Christo; Synaxis der hll. Neumärtyrer von Sarov; hl. Neumärt. Gregorij der Kreuzträger von Rußland († 1936); außerdem Alle Heiligen Irlands; hl. Cowey von Portaferry, Abt von Moville (8. Jh.).
1. Der hl. Pavlos der Bekenner, Patriarch von Konstantinopel. Als der sel. Patriarch Alexander auf seinem Sterbebett lag, fragten ihn die trauernden Gläubigen, wer ihm als Oberhirte der geistigen Herde Christi folgen sollte. Er sagte: „Wenn ihr einen Hirten wünscht, der euch lehrt und in Tugenden erglänzt, dann wählt Pavlos; doch wenn ihr nur einen geeigneten Mann wollt, der äußer-lich berühmt ist, nehmt Makedonios.“ Das Volk wählte Pavlos. Leider wurde dies nicht von den arianischen Häretikern akzeptiert, auch nicht von Kaiser Konstantios, der zu jener Zeit in Antiochia weilte. Pavlos wurde bald abgesetzt und floh mit dem hl. Athanasios dem Großen nach Rom. In Rom bereiteten ihnen Papst Julian und Kaiser Konstans einen warmen Empfang und unterstützten sie in ihrem orthodoxen Glauben. Kaiser Konstans und Papst Julian ermöglichten es, daß Pavlos auf seinen Thron zurückkehren konnte; doch als Kaiser Konstans starb, erhoben die Arianer von neuem ihr Haupt, und Patriarch Pavlos wurde nach Kukusos in Armenien verbannt. Als Pavlos in der Verbannung im Jahr 351 an einem bestimmten Tag die Göttliche Liturgie zelebrierte, wurde er von Arianern angegriffen und mit seinem Omophorion erdrosselt. Im Jahr 381 unter der Herrschaft des Kaisers Theodosios wurden seine Reliquien nach Konstantinopel überführt und im Jahr 1236 nach Venedig, wo sie noch immer ruhen. Seine geliebten Priester und Schreiber Markian und Martyrios erlitten kurz nach ihrem Patriarchen das Martyrium.
2. Der hl. Varlaam von Chutyn’, der Wundertäter, wurde in Groß-Novgorod geboren und aufgezo-gen. Nach dem Tod seiner Eltern wurde er zum Mönch geweiht und widmete sich einem Leben in strikter Askese. Er gründete ein Kloster am Ufer des Flusses Volchov, an einer Stelle, wo ihm ein himmlisches Licht erschien. Varlaam war ein großer Wundertäter sowohl während seines Lebens als auch nach seinem Tod: Er sah in die Geheimnisse der Herzen der Menschen, vertrieb unreine Geister und heilte alle Krankheiten. Nach seinem Heimgang geschah es, daß ein Diener des Fürsten Vasilij Vasilievič schwer krank wurde und darum bat, zum Grab des Heiligen gebracht zu werden. Er gab zudem die Anweisung, stürbe er unterwegs, solle man seinen Leib zum Heiligen tragen. Und so geschah es: Er starb auf dem Weg, und sie trugen den Toten zum Kloster, wo er ins Leben zurückkehrte, sich erhob und vor dem Grab des Heiligen niederwarf. Im Jahr 1471 befahl Zar Ivan der Schreckliche, das Grab des Heiligen aufzugraben. Als sie zu graben begannen, entsprang dem Grab eine Flamme und loderte an den Wänden der Kirche entlang. Der Zar war so erschrocken, daß er aus der Kirche lief und in seiner Hast seinen Stab vergaß, der immer noch neben dem Grab des Heiligen aufbewahrt wird. Dieses Wunders wird am Freitag nach dem Sonntag aller Heiligen gedacht.
3. Gedenken des Wunders des Ascheregens. Dies ereignete sich im Jahre 472 unter der Regent-schaft des Kaisers Leo des Großen und des Patriarchen Gennadios (siehe folgende Betrachtung).
Des Herrn Barmherzigkeit und Güte
Unser Herr ist barmherzig und von wahrer Güte,
Doch Er läßt zu, daß Menschen wegen ihrer Sünden leiden:
Fluten, Krankheiten, Erdbeben, Dürren,
Schrecken und Schmerzen für Leib und Seele.
Wer den Vater nicht sieht, wenn Er Gaben spendet,
Wird Ihn sehen beim Gericht als den gerechten Richter.
Der furchterregende Richter hat viele Diener,
Und setzt sie alle ein zur Rettung der Menschen –
Die Dornen der Erde; Schlangen und wilde Tiere;
Und Fluten, Blitze, Donner aus dem Himmel;
Und Krankheiten wie wilde Stürme; die Sonne, Hitze und Dunkelheit;
Und das Feld, das weder Weizen noch leeres Stroh gibt.
So viele Gaben die Gläubigen erwarten,
So viele Geißeln sind für die Bösen geflochten.
Adams Felder werden mit sanftem Tau bewässert,
Doch Sodom und Gomorra werden abgemäht mit flammendem Schwert.
Über allen anderen geschaffenen Dingen liebt Gott den Menschen:
Daher vergibt Er viel; daher wartet Er lang.
Doch wenn Gottes Geduld alle Grenzen übersteigt,
Dann tut Feuer, nicht Tau, sein Werk.
Wenn Gott Wasser aus einem Felsen hervorzubringen vermag, um damit die Menschen zu versor-gen, dann kann Er auch als Strafe Feuer vom Himmel herabregnen lassen. Das Schicksal von Sodom und Gomorra stellt ein klassisches Beispiel für Gottes Bestrafung unverbesserlicher Sünder dar. Daß Gott diese Bestrafung an anderen Orten wiederholen kann, zeigte Er über Konstantinopel in der Zeit von Leo dem Großen und Patriarch Gennadius im Jahre 472. Am 6. November wurde um Mitter-nacht der Himmel plötzlich durch dicke, dunkle Wolken verfinstert, die eine Dunkelheit über das ganze Land brachten. Diese Wolken glühten hier und da wie lebendige Kohlen, dann verdunkelten sie sich wieder; und dieses Phänomen blieb volle vierzig Tage über Konstantinopel. Die von Furcht erfüllten Bewohner stürzten sich in Buße und Gebet und gingen zusammen mit dem Kaiser und Patriarchen in einer Prozession durch die Straßen von Kirche zu Kirche, um zu Gott mit Tränen und Klagen zu beten. Am folgenden Tag fiel heiße schwarze Asche von den Wolken herab. Vom Nachmittag bis Mitternacht regnete sie herunter, dann hörte der Ascheregen auf. Der folgende Tag war klar und frisch, doch eine Schicht Asche, eine Handspanne hoch, lag auf dem Boden. Die Menschen arbeiteten daran, ihre Häuser und Straßen von dieser rußigen Asche zu reinigen, doch ihre ganze Ernte war zerstört. Alle, die Einsicht besaßen, erkannten Gottes Strafe in diesem Ereignis – eine sanfte Strafe wegen der raschen Buße der Menschen vor dem Herrn Gott. Wäre dies nicht so gewesen, wer weiß, was mit Konstantinopel in jenen Tagen geschehen wäre? Doch durch die recht-zeitige Buße der Sünder und die Gebete der Allheiligen Mutter Gottes zusammen mit den zahllosen Heiligen und Märtyrern von Konstantinopel wurde die Strafe stark abgemildert.
Laßt uns nachdenken über die wundersame heilende Kraft, die vom Apostel Paulus ausging (Apg 19,12):
1. Wie die Menschen seine Schweiß- und Taschentücher nahmen und sie den Kranken auflegten;
2. Wie die Kranken geheilt wurden und die bösen Geister aus ihnen wichen;
3. Wie sich die Worte des Erlösers erfüllten, daß jene, die an Ihn glauben, noch größere Wunder vollbringen würden als Er (Jh 14,12).
Über das Haupt der Kirche und den Leib Christi
Alles hat Er Ihm zu Füßen gelegt und Ihn, Der als Haupt alles überragt, über die Kirche gesetzt, die Sein Leib ist.
(Eph 1,22-23)
Der kopflosen Menschheit wurde im Herrn Jesus, Der von den Toten auferstand, ein Haupt gegeben. Der Körper, vom Kopf getrennt, beginnt sich mit dem Haupt zu verbinden, Stück für Stück und Glied nach Glied. Nicht alle Menschen sind der Leib, sondern nur jene, die an Christus den Herrn glauben; alle sind berufen, doch nur jene, die darauf antworten, bilden den Leib, der die Kirche genannt wird und dessen Haupt der Herr ist. Doch wie der auferstandene und verherrlichte Mensch Jesus in der Heiligen Dreiheit über alle und alles auf Erden und im Himmel erhoben ist, so wird auch Seine Kirche, Sein Leib, über jedem und allem zu ihrem Haupt erhoben werden. Die ganze Kirche wird zur Rechten der Heiligen Dreiheit stehen, denn wo das Haupt ist, dort ist auch der Leib. Zu einer solchen Erhöhung, Größe und Herrlichkeit werden die versammelten reuigen Sünder gelangen, die einstmals Feinde Gottes waren und sich wie der Verlorene Sohn verirrt hatten, die kopflos waren wie ein toter Leib, doch nun durch Christus und für Christus adoptiert und in die Herrlichkeit des göttlichen Lebens und Lichts gekleidet wurden. Ein großes Werk, meine Brüder, ist die Menschwerdung des Sohnes Gottes auf Erden, Sein Leiden am Kreuz und Sein Tod um unsertwillen. Sein Aufenthalt auf der Erde brachte in das Schicksal der Menschen und in die Bedeutung aller geschaffenen Dinge eine große Wandlung. Er veränderte alle Dinge und schuf sie neu. Daher, meine Brüder, laßt uns nicht dem alten Menschen gemäß leben und handeln, sondern dem neuen entsprechend; laßt uns nicht in der Sünde leben, sondern in der Gerechtigkeit; laßt uns nicht nach dem Fleisch handeln, sondern gemäß dem Geist. Auf daß uns jene Erhabenheit, Größe und Herrlichkeit zuteil werde, zu der wir durch unser Haupt berufen sind.
O Herr Jesus, Du Heiliges Haupt Deiner Heiligen Kirche, mache uns würdig, auf ewig Glieder Deines allerreinsten Leibes zu werden. Dir sei Ehre und Lobpreis in Ewigkeit. Amen.