6. Oktober nach dem Kirchenkalender
Gedenken: hl. Apostel Thomas; hl. Neumärtyrer Makarios (†1590); sowie hl. Märt. Eroteis von Kappadokien; hl. Mönch Kendeas (Kindyos) von Zypern (12. Jh.).
1. Der hl. Apostel Thomas war einer der zwölf Apostel. Infolge seines Zweifels an der Auferstehung Christi, des Herrn, wurde ein neuer Beweis dieses wunderbaren und rettenden Ereignisses gegeben. Der auferstandene Herr erschien ein zweites Mal Seinen Jüngern, um Thomas zu überzeugen. Der Herr sagte zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind Meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in Meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Und Thomas antwortete Ihm: Mein Herr und Mein Gott (Jh 20,27-28). Als die Apostel nach dem Herabkommen des Heiligen Geistes Lose warfen, um zu sehen, wohin jeder von ihnen zu gehen habe um das Evangelium zu verkündigen, fiel für Thomas das Los auf Indien. Er war ein wenig betrübt, daß er so weit fortzugehen hatte; doch der Herr erschien ihm und ermutigte ihn. In Indien bekehrte Thomas viele zum christlichen Glauben, sowohl aus dem Herrscherhaus als auch Arme. Er gründete die dortige Ortskirche, ernannte Priester und Bischöfe. Neben anderen bekehrte Thomas dort zwei Schwestern – Tertiana und Migdonia –, die Gemahlinnen indischer Fürsten. Aufgrund ihres Glaubens wurden die beiden Schwestern von ihren Ehemännern schlecht behandelt, mit denen sie nach der Taufe nicht länger leben wollten. Schließlich wurde ihnen erlaubt, fortzugehen. Von der Ehe nun befreit, lebten sie ein gottgefälliges Leben bis zu ihrem Ende. Dionysios und Pelagia waren verlobt, doch als sie die Verkündigung durch den Apostel hörten, heirateten sie nicht, sondern weihten sich dem asketischen Leben. Pelagia beendete ihr Leben als Märtyrerin für den Glauben, und Dionysios wurde vom Apostel zum Bischof geweiht. Fürst Mazdai, Tertianas Ehegemahl, dessen Sohn Azan ebenfalls von Thomas getauft worden war, verurteilte den Apostel zum Tode. Mazdai sandte fünf Soldaten, um Thomas zu töten. Sie durch-bohrten ihn mit fünf Speeren, und so übergab der heilige Apostel Thomas seine Seele in Christi Hände. Vor seinem Tod wurden er und die anderen Apostel auf wundersame Weise nach Jerusalem zum Entschlafen der Allheiligen Gottesgebärerin gebracht. Thomas traf zu spät ein und weinte bitterlich, und auf seine Bitte hin wurde das Grab der Allerheiligsten geöffnet. Der Leib der Theotokos war nicht im Sarg: Der Herr hatte Seine Mutter in Seine himmlische Wohnstatt aufgenom-men. So offenbarte der hl. Thomas infolge seiner Verspätung die wunderbare Verherrlichung der Gottesmutter, so wie er zuvor durch seinen Unglauben den Glauben an die Auferstehung des Herrn bestätigt hat.
2. Der hl. Neumärtyrer Makarios wurde in der Stadt Kos in Bithynien geboren. Seine Eltern Petros und Anthusa waren Christen und tauften ihn auf den Namen Manuel. Als Jüngling wurde er fortgeschickt, um das Handwerk der Schneiderei zu lernen. Währenddessen trat sein Vater zum Islam über und zog nach Brussa. Einmal kam Manuel geschäftlich nach Brussa, und sein Vater machte ihn ausfindig und übte großen Druck auf ihn aus, auch Moslem zu werden. Manuel leistete vergeblich Widerstand; die Türken beschnitten ihn gewaltsam. Daraufhin floh Manuel zum Heiligen Berg und wurde in der Skite der hl. Anna zum Mönch geweiht. Sein Name als Mönch war Makarios. Zwölf Jahre lang war er ein hervorragender Mönch; doch er fand in seiner Seele keinen Frieden. Wer Mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch Ich vor Meinem Vater im Himmel verleugnen (Mt 10,33) – diese Worte Christi hallten stets in seinem Geist wider. Schließlich ging er mit dem Segen seines Altvaters nach Brussa und bekannte dort vor den Türken seinen Glauben an Christus, wobei er Mohammed einen falschen Propheten nannte. Er wurde 130 Tage lang ausgepeitscht und erlitt andere grausame Torturen; schließlich wurde er am 6. Oktober 1590 enthauptet. Ein Teil seiner wundertätigen Reliquien ist in der Skite der hl. Anna auf dem Berg Athos aufbewahrt.
Der heilige Apostel Thomas
Durch seinen Unglauben stärkte der Apostel Thomas
Seinen Glauben: Der Herr erschien ihm.
Thomas bezeugte Ihn und jubelte,
Und voller Freude verherrlichte er Christus.
Indien wurde Thomas’ Weinberg,
Und er kultivierte dieses Land mit dem Kreuz:
Er verkündigte Christus den Mächtigen und den Niedrigen,
Verkündigte Seine Weisheit und Seine Werke.
O weise Söhne Indiens,
Eure Weisheit ist nur eine Schlange im Gras.
Siehe, wahre Weisheit ist aus dem Himmel,
Ist hinabgestiegen vom Himmel für euch –
Die Weisheit Gottes ist im Fleisch erschienen!
Thomas sprach und wirkte Wunder,
Und eine große Zahl Menschen folgte ihm.
Sie lauschten seiner Weisheit und sahen die Wunder,
Die Thomas im Namen des Herrn wirkte.
Thomas erduldete große Qualen,
Doch erschütterte er die Pforten der Finsternis des Götzenkults,
Und wie Christus erlitt er fünf schwere Wunden,
Die er an seinem Leib empfing um der Wahrheit willen.
Fünf bittere Wunden, um der Fünfzahl der Sinne willen –
Das ist eine Lektion in mystischer Weisheit:
Wer nicht alle seine Sinne unterwirft,
Wird die Weisheit des Geistes nicht kosten.
Wir haben einen Bau von Gott empfangen, ein nicht mit Händen errichtetes, ewiges Haus im Himmel (2 Kor 5,1), sagt der hellsichtige Apostel Paulus. All unsere Mühen auf Erden haben dieses eine Ziel; mit unserer ganzen Kraft danach zu streben, dieses ewige, nicht mit Händen gemachte Haus im Himmel zu erlangen. Gundafor, ein indischer König, entschied, für sich selbst einen prächtigen Palast zu bauen, dergleichen noch nicht auf Erden gesehen wurde. Als sein Gesandter namens Havan begabte Handwerker suchte, die fähig waren, einen solchen Palast zu bauen, trafen sie durch Gottes Vorsehung den Apostel Thomas, der ihnen mitteilte, er sei zu einem solchen Werk befähigt. Niemand könne dem König bauen, was dieser wünsche, ohne seine, Thomas’, Hilfe. Daher empfing Thomas vom König eine große Summe Gold, um ihm diesen Palast zu bauen. Sobald er sich aus der Umgebung des Königs entfernt hatte, teilte er das ganze Gold an die Armen aus. Nach zwei Jahren sandte der König Diener, um zu fragen, ob der Palast fertig sei, denn er sollte in einiger Entfernung von der Hauptstadt errichtet werden. Thomas antwortete: „Alles ist fertig, nur das Dach fehlt noch“, und er bat den König um noch mehr Geld. Es wurde ihm gegeben. Wieder gab Thomas alles den Armen und wanderte im Königreich umher, um sein eigenes Werk zu tun – die Verkündigung des Evangeliums. Der König fand heraus, daß Thomas nicht einmal angefangen hatte, den Palast zu bauen, und so wurde er ergriffen und ins Gefängnis geworfen. In derselben Nacht starb der Bruder des Königs, und der König war voller Trauer. Ein Engel nahm die Seele des Toten und trug sie ins Paradies und zeigte ihr einen wundervollen Palast, wie der Geist des Menschen ihn sich nicht vorzustellen vermag. Die Seele des Toten wollte in den Palast gehen, doch der Engel sagte ihr, daß sie dies nicht könne, denn dies sei der Palast, den der Apostel Thomas für seinen Bruder gebaut habe mit Hilfe der Almosen, die er gegeben habe. Dann brachte der Engel die Seele des Mannes in seinen Leib zurück. Als der Mann zu sich kam, sagte er zu dem König, seinem Bruder: „Schwöre, daß du mir alles geben wirst, worum ich dich bitte.“ Und der König schwor, daß er dies tun wolle. Sein Bruder sagte zu ihm daraufhin: „Gib mir den Palast, den du im Himmel hast.“ Der König war erstaunt und zweifelte sehr daran, daß es einen solchen Palast im Himmel geben könne; doch als ihm sein Bruder alles erklärte, war er überzeugt und entließ Thomas sofort aus dem Gefängnis. Als sie aus dem Mund des Apostels die Worte über die Rettung und das ewige Leben vernommen hatten, wurden der König und sein Bruder getauft. Der König widmete sich weiteren wohltätigen Werken, um sich dadurch einen noch wundervolleren Palast im Himmel zu bauen.
Laßt uns nachdenken über die Ungerechtigkeit des Königs Amon und Gottes Bestrafung (2 Chr 33):
1. Wie Amon, der Sohn Manasses, sich von Gott abwandte und tat, was vor dem Herrn unrecht ist;
2. Wie er nur zwei Jahre regierte und von seinen Dienern ermordet wurde
Über die Reue des Königs
Müde bin ich von meinem Seufzen,
ich wasche jede Nacht mein Bett,
mache mit meinen Tränen mein Lager naß.
(Ps 6,7)
Der Tag wandelt sich zur Nacht, und die Nacht zum Tag. Mögen sich auch unsere Tage, in Reue verbracht, in Nacht verwandeln, und die Nacht zum Tag. Die Reue des Tages erweist sich hauptsächlich in guten Werken, und die Reue der Nacht in Gebeten, Seufzen und Tränen. Daher müssen wir unsere Schulden sowohl am Tag als auch in der Nacht abzahlen und die Tage und Nächte mit dem erfüllen, was am meisten gottgefällig ist und uns zum Gericht Gottes begleiten wird. Schaut auf König David und seht ein Beispiel von wahrer Reue. Es ist nicht genug, unsere Sünde vor einem Priester zu bekennen und sie sogleich als vergeben zu betrachten. Seht, David anerkannte seine Sünde vor dem Propheten Nathan, indem er sagte: Ich habe gegen den Herrn gesündigt (2 Sam 12,13). Dieser große König jedoch erachtete dieses Bekenntnis allein als nicht ausreichend, sondern seufzte ohne Unterlaß im Gebet zu Gott, und jede Nacht vergoß er Tränen, um sich von seiner Sünde reinzuwaschen. Sogar sein Lager verschaffte ihm keine Ruhe, sondern brachte ihm weitere Ermattung durch reuevolle Tränen, tränenerfülltes Seufzen. Sagt nicht, daß David als Mörder und Ehebrecher eine Menge zu bereuen gehabt habe. Habt ihr noch keine Menschen durch euren Haß getötet, und habt ihr noch nie Ehebruch durch eure unreinen Gedanken und Begierden begangen? Dieses Leben ist uns nicht dazu gegeben, uns zu rechtfertigen, meine Brüder, sondern um uns selbst zu verurteilen. Selig sind jene, und sie allein, die Gott beim Furchtbaren Gericht rechtfertigen wird.
Reue ist nicht eine Sache von einer Stunde oder einem Tag. Sie muß unsere innere Beschäftigung bis zum Lebensende sein. Ich wasche jede Nacht mein Bett, mache mit meinen Tränen mein Lager naß, sagt David. Er meint damit nicht, daß keine Notwendigkeit für Reue am Tage bestünde, sondern daß sich der Strom der Reue besser in der Nacht entfalten kann als am Tag. In der Stille der Nacht stehen uns sowohl unsere Sünden als auch Gottes Urteile klarer vor Augen. Und ist unsere Erinnerung an den Tod nicht in der Nacht deutlicher als während des Tages? Ist unser Bett nicht näher am Grab?
O Gerechter und Wunderreicher Herr, wir können nicht zur wahren Reue ohne Deine Hilfe gelangen. Hilf uns, o Gnadenvollster, die Wunden zu sehen, die die Sünde in uns verursacht hat, den Gestank zu riechen, der von ihnen ausgeht, und um uns selbst so zu weinen, wie unsere Verwandten an unseren toten Leibern weinen – bevor unsere Schutzengel das Aas unserer Seelen beweinen, wenn diese in das unauslöschliche Feuer geworfen werden. Hilf uns und rette uns, o Herr, unser Gott. Dir sei Ehre und Lobpreis in Ewigkeit. Amen.