19. Oktober nach dem Kirchenkalender
Gedenken: hl. Prophet Joël; hl. Märtyrer Varus und sieben Märtyrer mit ihm († 307); sel. Kleopatra († 327); hl. Prochor von Pčinja (11. Jh.); sowie Gedenken der Verherrlichung der Neumärtyrer und Bekenner Rußlands durch die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland (1982); Überführung der Reliquien (1195) des hl. Johannes, des Abtes von Rila in Bulgarien († 946); hl. Johannes von Kronstadt, Wundertäter († 1908); außerdem hl. Mnason, Bischof von Zypern (1. Jh.); hl. Hieromärt. Sadok, Bischof von Persien, und 128 mit ihm († 342); hl. Leontios der Philosoph vom Kloster des hl. Sabas († 624); hl. Neumärtyrer Mönch Nikolaos Dvali von Jerusalem († 1314); hl. Gabriel, Abt der hl. Elias-Skit, Berg Athos († 1901); hl. Neumärtyrer Priester Alexij (Stavrovsky, † 1918); hl. Frideswide von Oxford, Äbtissin († ca. 735).
1. Der hl. Prophet Joël ist der zweite in der Reihe der kleinen Propheten. Der hl. Joël war der Sohn von Petuël aus dem Stamm Ruben. Er lebte achthundert Jahre vor Christus. Joël prophezeite Unheil für das Volk Israel und die Babylonische Gefangenschaft wegen ihrer Sünden, die sie in den Augen des Herrn begangen hatten. Er rief das Volk auf zu fasten und die Priester zu Bußgebeten unter Tränen, damit Gott Erbarmen mit ihnen habe: Ordnet ein heiliges Fasten an, ruft einen Gottesdienst aus! (Joël 1,14). Zwischen Vorhalle und Altar sollen die Priester klagen (Joël 2,17). Joël sagte auch das Herabkommen des Heiligen Geistes auf die Apostel und die Ausgießung der Gnade des Heiligen Geistes auf alle Christen voraus: Danach aber wird es geschehen, daß Ich Meinen Heiligen Geist ausgieße auf alles Fleisch (Joël 2,28). Er prophezeite und beschrieb das furchtbare Gericht Gottes, und er prophezeite auch die Herrlichkeit der Heiligen Kirche Gottes.
2. Der hl. Märtyrer Varus war ein Offizier in Ägypten und insgeheim Christ. Als sieben christliche Lehrer ins Gefängnis geworfen wurden, besuchte sie Varus, versorgte sie mit dem Notwendigen und half ihnen voller Eifer. Er war erstaunt über diese Märtyrer und bekümmert darüber, daß er wegen seiner Furcht kein Märtyrer für Christus werden würde. Die Männer Gottes sprachen ihm Mut zu, und Varus entschied, mit ihnen zu gehen, um die Martern zu empfangen. Einer dieser Männer Gottes starb im Gefängnis, so daß es nur noch sechs waren, als der boshafte Statthalter sie zu sich führen ließ. Er verlangte nach dem siebten. Varus sagte zu ihm: „Ich bin der siebte.“ Der wutent-brannte Gouverneur folterte zuerst Varus. Er befahl, ihn nackt mit trockenen Ruten zu schlagen, danach wurde er an einen Baum gehängt und in Stücke geschnitten, bis der Heilige seine heilige Seele Gott übergab. Sein Körper wurde auf einen Abfallhaufen geworfen. Eine palästinensische Frau namens Kleopatra, die Witwe eines Offiziers, war dort mit ihrem Sohn Johannes. Insgeheim holte sie Varus’ heilige Reliquien vom Abfallhaufen und begrub sie in ihrem Haus. Dann bat sie den Statthalter um Erlaubnis, den Leib ihres verstorbenen Mannes von Ägypten nach Palästina zu über-führen. Da sie die Witwe eines Offiziers war, gab ihr der Statthalter sofort die Erlaubnis. Doch die selige Christin Kleopatra nahm nicht den Leib ihres Mannes, sondern die Reliquien des hl. Märtyrers mit nach Edras, ihrem Geburtsort in der Nähe des Berges Thabor, und begrub sie dort unter Ehren. Danach baute sie eine Kirche für den hl. Varus, und er erschien ihr oft von der anderen Welt her, strahlend wie ein Engel.
3. Der gottgeweihte Prochor von Pčinja war ein Zeitgenosse und Freund der hll. Johannes von Rila und Gabriel von Lesnov. Nach seinem Gebet zeigte ihm Gott den Ort, an dem er sein asketisches Leben führen sollte. Dieser Ort war eine waldige Gegend in der Nähe des Flusses Pčinja. Dort mühte sich Prochor in der Askese bis ins hohe Alter und entschlief. Nur der Allsehende Gott kennt das Maß seiner Mühen und die Versuchungen, die er im Verlauf seiner Askese erduldete. Doch man kann anhand seiner myronspendenden Reliquien und der zahllosen wundersamen Heilungen, die bis zum heutigen Tage anhalten, die Größe seiner Askese und die Größe der Gnade Gottes einschätzen, die ihm aufgrund seiner großen Mühen gegeben wurde. Der hl. Prochor entschlief in Frieden und nahm seine Wohnstätte im Reich Gottes im 11. Jahrhundert ein.
Der gottgeweihte Prochor von Pčinja
Von früher Jugend an verbarg sich
Der heilige Vater Prochor vor Welt und Eitelkeit,
Voll Eifer mühte er sich mit Fasten und Schweiß,
Bis seine Seele erhoben ward und geheftet an Gott.
Seine Gefährten waren die Tiere des Waldes,
Leuchtende Engel waren sein Schutz;
Die Heiligen Gottes waren erstaunt über ihn,
Denn der heilige Prochor erlangte alles, was ihnen zuteil ward.
Gott gab ihm reiche Gnade:
Große und mächtige Gewalt über die Dämonen,
Macht über Krankheit und verschiedene Leiden,
Hilfe für die Trauernden durch seine Gebete.
Durch Mühen errang Prochor den Himmel
Und wurde würdig des Himmlischen Reichs.
Sich selbst machte er würdig dafür und anderen half er,
Die danach trachteten, das Reich zu betreten.
Das Vergängliche streifte er ab, das Ewige umfing er;
Und er zahlte einen geringen Preis für den kostbaren Schatz.
Der Wundertäter Prochor ist im Paradies –
Im himmlischen Glanz, nun völlig durchglüht.
Und jenen hilft er, die zu ihm beten,
Die an Christus, unseren Gott, glauben und Ihn lieben.
Ein Erscheinen des hl. Märtyrers Varus: Als die fromme Witwe Kleopatra eine Kirche zu Ehren des hl. Varus gebaut hatte, lud sie den Bischof und den Klerus ein, um sie zu weihen. Viele Christen kamen zu diesem Fest zusammen, denn der hl. Varus wurde in der ganzen Umgebung als großer Heiler und Wundertäter verehrt. Nach dem Gottesdienst ging die fromme Wohltäterin in die Kirche zu den Reliquien des hl. Varus und betete zu ihm folgendes: „Ich bitte dich, der du solche Leiden für Christus erduldet hast, erbitte von Gott das, was Ihm wohlgefällig ist und für mich und meinen einzigen Sohn hilfreich ist.“ Kleopatra hatte einen Sohn namens Johannes, der kurz zuvor in die Armee eingetreten war. Kaum hatte sie die Kirche verlassen, erkrankte ihr Sohn, der bis dahin gesund gewesen war. Er wurde von einem brennenden Fieber ergriffen, und sein Zustand verschlechterte sich zusehends, bis er gegen Mitternacht starb. Die von Kummer und Zorn erfüllte Mutter eilte zum Grab des Märtyrers und sprach mit scharfen Worten zu ihm: „O Mann Gottes, nennst du das eine Hilfe für mich?“, und noch viel mehr sagte sie in ihrem bitteren Kummer; dann sank sie völlig erschöpft in den Schlaf. Plötzlich erschien ihr der hl. Varus, begleitet von ihrem Sohn Johannes. Sie leuchteten beide wie die Sonne, waren gekleidet in Gewänder weißer als der Schnee, gegürtet mit goldenen Gürteln, und sie trugen herrliche Kränze auf ihren Häuptern. Der Heilige sagte zu ihr: „Hast du nicht selbst zu mir gebetet, daß ich von Gott erbitten möge, was Ihm wohlgefällig und für dich und deinen Sohn hilfreich sei? Ich betete zu Gott, und Er nahm deinen Sohn in Seiner unaussprechlichen Güte in Seine himmlische Armee auf. Wenn du ihn willst – hier ist er; nimm ihn und gib ihn in die Armee irgendeines irdischen Königs.“ Als der junge Mann diese Worte hörte, umarmte er den hl. Varus und sagte zu ihm: „Mein Herr, höre nicht auf meine Mutter und schicke mich nicht in die Welt zurück, diesen Pfuhl von Ungerechtigkeit und Gesetzlosigkeit, aus dem du mich herausgeholt hast.“ Erwacht aus diesem Traum, empfand Kleopatra große Freude in ihrem Herzen, und froh verließ sie die Kirche. Sie lebte noch sieben Jahre in der Nähe der Kirche, und häufig erschien ihr der hl. Varus zusammen mit Johannes.
Laßt uns nachdenken über die wunderbare Bekehrung des Saulus zum Glauben an Christus (Apg 9):
1. Wie Saulus sich auf den Weg nach Damaskus machte, um dort die Christen zu verfolgen;
2. Wie auf der Straße ein Licht vom Himmel erschien und er die Stimme Christi hörte: Saulus, Saulus, warum verfolgst du Mich?
Über den Durst der Seele nach Gott
Es dürstete meine Seele nach Gott, dem Starken, Lebendigen:
Wann werde ich kommen und vor Gottes Antlitz erscheinen?
(Ps 41,2)
Wenn im Herzen des Menschen auch nur ein Funken Liebe zu Gott ist, möge er diesen nicht ersticken, sondern ihn brennen lassen, und er wird ein Wunder erblicken. Dieser Funke wird zu einer Fackel unsichtbaren Feuers aufflammen, und das Licht und die Wärme, die daraus hervor-gehen, werden sehr stark sein. Im Licht dieser Liebe zu Gott empfindet sich der Mensch in dieser Welt wie in dichter Finsternis, und in ihrer Wärme empfindet er einen unstillbaren Durst – den Durst nach Gott, Ihm nahe zu sein und Ihn zu sehen. Dieser Durst wird von David, dem Gottliebenden, mit dem Durst eines Hirsches nach der Quelle verglichen: Es dürstete meine Seele nach Gott, dem Starken, Lebendigen. Sind wir nicht von Krankheit umgeben? Geht nicht alles schnell in Verwesung über? Wir greifen nach Schatten und umarmen Leichname. Wir zahlen heute für den Abfall von morgen mit Silber und Gold, und manchmal mit unserer Ehre, unserem Gewissen und sogar mit dem Leben. Das ist keine Liebe, sondern die Fäulnis der Sünde. Eine große Seele sucht ein Gegenüber, das der Liebe würdig ist, ein Gegenüber, nicht unterworfen der Vernichtung, Verwe-sung und Zersetzung des vergänglichen Körpers. Daher verkündet David in seiner Liebe zu Gott den Starken und Lebendigen Gott. Wer ist wahrhaft stark und lebendig außer Gott? Gott hat Seine En-gel und Heiligen mit Stärke und Leben ausgestattet, und alles ist Sein und von Ihm. Wann werde ich kommen und vor Gottes Antlitz erscheinen? Hier ist die unwiderstehliche Sehnsucht der wahren Liebe zu Gott. Mögen alle beschämt sein, die sagen, sie würden an Gott glauben und Gott lieben, während sie allein schon der Gedanke an den Tod, an den Abschied von dieser Welt, in den Irrsinn treibt.
O Herr, unser Gott, Du Heiliger, Starker und Lebendiger Gott, Du Quelle der Stärke und des Lebens – erleuchte uns und entflamme uns mit der Liebe zu Dir. Dir sei Ehre und Lobpreis in Ewigkeit. Amen.