27. Oktober nach dem Kirchenkalender
Gedenken: hl. Märtyrer Nestor († 306); hl. Nestor der Chronist vom Kiever Höhlenkloster († 1114); hl. Andreas, Fürst von Smolensk (†1540); hl. Prokla Claudia, Frau des Pontius Pilatus; sowie hll. Märtt. Kapitolina und Eroteis von Kappadokien († 304); hl. Märt. Markos von der Insel Thasos († 304); hl. Kyriakos, Patriarch von Konstantinopel († 1390).
1. Der hl. Märtyrer Nestor. Als der hl. Dimitrios, der Myronspender, das Martyrium erlitt, gab es in Thessaloniki einen jungen Mann, der den christlichen Glauben vom hl. Dimitrios selbst erfahren hatte. Zu jener Zeit organisierte der Feind Christi, Kaiser Maximian, verschiedene Spiele und Vergnügungen für das Volk. Der Favorit des Kaisers bei diesen Spielen war ein Vandale namens Lyäos, ein Mann, so groß und stark wie Goliath. Als Gladiator des Kaisers forderte Lyäos jeden Tag Männer zum Zweikampf heraus und tötete sie. So vergnügte der blutdürstige Lyäos den blutdür-stigen, götzendienerischen Maximian. Der Kaiser errichtete eine besondere Bühne für Lyäos’ Kämp-fe, ähnlich einem Dreschboden auf Säulen. Mit der Spitze nach oben aufgestellte Speere wurden unter dieser Bühne angebracht. Wenn Lyäos jemanden im Kampf besiegte, warf er ihn von der Bühne in diesen Wald aus Speeren. Der Kaiser und seine heidnischen Untertanen freuten sich darüber, wenn sich irgendein armer Wicht in Qualen auf den Speeren wand, bis er starb. Unter Lyäos unschuldigen Opfern waren viele Christen: Wenn keiner freiwillig den Kampf mit Lyäos auf-nahm, wurden auf den Befehl des Kaisers Christen verhaftet und zum Zweikampf mit ihm gezwun-gen. Als Nestor dieses grauenerregende Vergnügen der heidnischen Welt sah, wurde sein Herz von Schmerz erfüllt, und er entschied, zum Zweikampf mit dem gigantischen Lyäos vorzutreten. Doch zuerst ging er ins Gefängnis, um den hl. Dimitrios zu sehen und bat um seinen Segen für dieses Vorhaben. Der hl. Dimitrios segnete ihn, bezeichnete ihn mit dem Zeichen des Kreuzes auf der Stirn und auf der Wange und prophezeite ihm: „Du wirst Lyäos besiegen, doch um Christi willen wirst du leiden.“ So trat der junge Nestor zum Zweikampf mit Lyäos. Maximian war mit einer großen Menschenmenge anwesend. Allen tat der junge Nestor leid, der sicherlich sterben würde, und sie versuchten, ihn davon abzubringen, mit Lyäos in den Zweikampf zu treten. Nestor bekreuzigte sich und sagte: „O Gott des Dimitrios, hilf mir!“ Und mit Gottes Hilfe besiegte er Lyäos, schlug ihn zu Boden und warf ihn in die scharfen Speere, wo der schwere Riese bald den Tod fand. Da rief das ganze Volk: „Groß ist der Gott des Dimitrios!“ Doch der Kaiser, beschämt vor dem Volk und betrübt wegen seines Favoriten Lyäos, war sehr erbost über Nestor und Dimitrios. Er befahl, Nestor zu enthaupten und Dimitrios mit Lanzen zu durchbohren. So beendete der christliche Held Nestor sein irdisches Leben und nahm seine Wohnstätte im Königreich seines Herrn im Jahre 305 ein.
2. Der gottgeweihte Nestor der Chronist trat im Alter von siebzehn Jahren in das Kiever Höhlenkloster ein, als noch der hl. Feodosij Abt dort war. Er schrieb die erste Geschichte des russischen Volkes, in die er die Geschichte der russischen Asketen einflocht. Er zeichnete sich durch ungewöhnliche Demut und Sanftmut aus. In seinem literarischen Werk bezeichnet er sich selbst oft als unwürdig, grob, unwissend und voll von jeder Art Sünde. Doch Gott, Der die Herzen der Menschen kennt, verherrlichte diesen wunderbaren Heiligen. Nachdem Nestor am 27. Oktober 1114 entschlafen war, geschahen durch seine Gebeine viele Wunder.
3. Der hl. Andreas, Fürst von Smolensk. Aus Liebe zu Christus verließ Andreas die Ehre und den Ruhm dieser Welt, verbarg sich in einem Kloster und diente dort, verachtet und unbekannt, dreißig Jahre lang als Sakristan. In Frieden entschlief er im Herrn im Jahr 1390; seine wundertätigen Reliquien wurden 1540 aufgefunden.
Der heilige Märtyrer Nestor
Der heilige Nestor war entsetzt über das Böse
Und voll Eifer für den christlichen Glauben.
Der junge Schüler des heiligen Dimitrios
Schien jung und schwach gegen den schrecklichen Lyäos,
Doch er bezeichnete sich mit dem Kreuzeszeichen
Und spießte den mächtigen Lyäos mit dem Speer auf.
Ihm ward Kraft von oben zuteil
Wie David gegen Goliath.
„Du wirst siegen, doch dann gemartert werden
Und dein Leben lassen für Christus“,
So prophezeite ihm Dimitrios,
Und wie er gesprochen, so geschah es.
Im Jubel schritt Nestor zu den Martern,
Und verherrlichte wunderbar den wundervollen Christus
Mit süßen Worten und süßen Hymnen
Und inständigen Gebeten für die Kirche.
Groß im Geist, gering an Jahren,
Trauerte er nicht über sein junges Leben;
Sein Blut stärkte die Kirche,
Und Nestor wurde auf ewig verherrlicht.
Ein Wunder des hl. Dimitrios in Thessaloniki: Daß die Heiligen im Himmel wohnen, gekleidet in große Herrlichkeit und Kraft, ist den rechtgläubigen Christen vertraut, doch nicht infolge irgend-welcher eigener Überlegungen, sondern durch die Hilfe und Offenbarung der Heiligen. Sie erschei-nen zuweilen, um von den Menschen gesehen und gehört zu werden, während sie zu anderer Zeit unsichtbar und lautlos auf unsere Gedanken, Umstände oder Handlungen Einfluß nehmen.
Unter den vielen Wundern des hl. Dimitrios wurde das folgende aufgezeichnet: In der Kirche des hl. Dimitrios von Thessaloniki wurde einem jungen Mann namens Onesiphoros das Amt des Kirchendieners anvertraut. Seine Hauptaufgabe war die Verantwortung für die Kerzen und Lampa-den. Doch der junge Mann begann, Kerzen zu stehlen und sie nach Hause mitzunehmen, um sie dann wieder zu verkaufen. Der hl. Dimitrios erschien ihm und sagte: „Bruder Onesiphoros, deine Tat gefällt mir nicht, denn du stiehlst Kerzen, und dadurch bringst du andere und besonders dich selbst in Schwierigkeiten. Hör damit auf und bereue.“ Onesiphoros war erschrocken und beschämt, und eine Zeitlang hörte er damit auf, Kerzen zu stehlen. Doch später vergaß er dieses Ereignis, und von neuem begann er zu stehlen. Eines Morgens brachte ein hochrangiger Mann einige große Kerzen zum Sarkophag des Heiligen, entzündete sie, betete einen Augenblick und ging dann hinaus. Onesiphoros ging zu den Kerzen und streckte seine Hand aus, um sie zu entwenden. In diesem Augenblick war eine Stimme wie Donner zu vernehmen: „Tust du es wieder?“ Wie vom Blitz erschlagen, fiel Onesiphoros bewußtlos zu Boden. Als ein paar Menschen in die Kirche kamen, hoben sie ihn auf, und er kam nach und nach zu sich. Dann berichtete er alles, was ihm widerfahren war, und sie alle waren verwundert und verherrlichten Gott.
Laßt uns nachdenken über die wundersame Reise des Petrus mit einem Engel (Apg 12):
1. Wie der Engel Petrus aus dem Gefängnis führte und ihn in die Stadt brachte;
2. Wie sie unsichtbar an der ersten und zweiten Wache vorbeikamen;
3. Wie sich ihnen das verschlossene Tor zur Stadt vor ihnen von selbst öffnete.
Über den Eifer für das Haus Gottes
Der Eifer um Dein Haus hat mich verzehrt,
und die Beschimpfungen derer, die Dich beschimpften, fielen auf mich.
(Ps 68,10)
Die Himmel sind das Haus Gottes. Die Kirche Gottes ist das Haus Gottes. Die Leiber der Gläubigen sind das Haus Gottes. Wo Gott ist, dort ist das Haus Gottes; und wo das Haus Gottes ist, da ist das Heiligtum. Menschen entweihen die heiligen Dinge Gottes, und der königliche Prophet ist zornig und brennt mit Eifer. Er nimmt alle Verletzungen der heiligen Dinge auf sich, und sie fallen auf ihn wie ein Feuer, das ihn mit noch größerem Eifer entflammt. Die Menschen entweihen die Himmel, wenn sie nicht glauben und verleugnen, was Gott Selbst den Menschen für ihre Rettung offenbart hat. Wenn die Menschen gegen die Wahrheit streiten, oder wenn sie sie auf häretische Weise verunstalten, oder wenn sie sich mit ihrem fleischlichen Verständnis eigenwillige Urteile über Christus den Herrn anmaßen, oder wenn sie die Existenz der Engel und der Heiligen oder das Gericht und das nichtendende Reich Christi und die ewigen Strafen für die reuelosen Sünder bezweifeln – in all diesen und ähnlichen Fällen fallen Menschen wie Räuber über das Haus Gottes her und entweihen die heiligen Dinge darin. Dann erhebt sich Eifer in den Herzen der Gerechten gegen solche Feindschaft gegen Gott, gegen solche Gotteslästerung. Auf dieselbe Weise fallen Men-schen über das Haus Gottes her, wenn sie sich unwürdig bezüglich der kirchlichen Regeln verhalten, nachlässig bezüglich der Gesetze der Kirche und boshaft gegenüber den Dienern der Kirche. Dann erhebt sich der Eifer für das Haus Gottes in den Herzen der Gerechten und Frommen. Schließlich – die Erniedrigung des menschlichen Körpers, wenn man ihn den Leidenschaften ausliefert, dem Dienst an der Sünde, Mißhandlung, Gewalt, Trunkenheit und andere schändliche Taten: Auch dies bedeutet, über die heiligen Dinge Gottes herzufallen, dies ist alles Lästerung Gottes und des Menschen. Wiederum erhebt sich der Eifer derer, die für die Dinge Gottes eifern, und er strahlt vor den Menschen wie ein himmlisches Feuer.
O meine Brüder, laßt uns auf Christi Eifer für die heiligen Dinge des Hauses Gottes schauen (Jh 2,17), und auf den Eifer der Apostel und der heiligen orthodoxen Väter der Kirche. Laßt uns uns eifriger um unsere Rettung sorgen, als der Teufel Tag und Nacht um unseren Untergang bemüht ist.
O Herr Jesus Christus, Du Vorbild des Eifers für die heiligen Dinge, gib uns einen Funken Deines Eifers, damit wir wie Du werden im Eifer und gerettet werden durch Dich. Dir sei Ehre und Lobpreis in Ewigkeit. Amen.